Grußbotschaft zum Fastenmonat Ramadan 2021

Der Vorsitzende des Rates der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm

Sehr geehrte muslimische Schwestern und Brüder, 

zum Beginn des diesjährigen Fastenmonats Ramadan sende ich Ihnen die herzlichen Grüße der Evangelischen Kirche in Deutschland. Zum zweiten Mal in Folge werden die gewohnten Abläufe und die altbewährten Traditionen dieses für Sie besonderen Monats durcheinandergeworfen. 

Die Pandemie zwingt zur Einschränkung und zu Veränderungen. Als Christinnen und Christen haben wir beim gerade zurückliegenden Osterfest damit umgehen müssen. Die zeitliche Nähe von Ostern und Ramadan in diesem Jahr macht zugleich auch die Gemeinsamkeit im Verzicht deutlich: Keine größeren Versammlungen in den Kirchen- oder Moscheegemeinden, keine Treffen in den Familien- und Freundeskreisen, keine öffentlichen Begegnungen auf Straßen oder Plätzen. 

Es ist ein der Not gehorchender Verzicht, der unseren innersten menschlichen und religiösen Bedürfnissen nach Nähe, Austausch und Kontakt widerstrebt. Der Glaube an Gott kann Hoffnung schenken, auch in Verzweiflung, Bedrängnis und Not, aber er wischt Letztere nicht einfach weg. Der österlichen Freude, die Christinnen und Christen in diesen Tagen verkünden, ist eine Zeit des Leidens und der Passion vorausgegangen. Im Ramadan geht dem allabendlichen Fastenbrechen und dem Fest des Fastenbrechens am Ende des Monats die Disziplin des täglichen Verzichts voraus. Vielleicht liegt darin das Gemeinsame unserer unterschiedlichen religiösen Wege. 

Und dann geht es nicht nur um das persönliche Seelenheil, es geht auch um das Wohlergehen der Gemeinschaft, um Gerechtigkeit und Versöhnung. Im biblischen Monatsspruch für den kommenden Monat Mai, in dem der Ramadan endet, ist eine Aufforderung enthalten, die das unterstreicht und deutlich macht. Sie findet sich im Buch der Sprüche und lautet: „Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind.“ (Sprüche 31,8) 

Sich für andere einzusetzen, auch für Menschen anderer religiöser Herkunft und Überzeugungen, ist eine religiöse Aufgabe. Sie gilt in Zeiten der Pandemie womöglich mehr denn je. Denn die „Stummen“ und die, die „verlassen sind“, leben mitten unter uns. Menschen, denen die existenzielle Sorge vor der Zukunft über den Kopf wächst, Menschen, die sprachlos werden angesichts des Verlustes eines Angehörigen oder die sich vor Krankheit und Armut fürchten. 

Der Ramadan, wie ich ihn in den vergangenen Jahren durch viele Begegnungen kennenlernen durfte, nimmt auch diese verlassenen und stummen Menschen in den Blick. Das stimmt mich zuversichtlich und hoffnungsvoll für das Miteinander von Christinnen und Christen und Musliminnen und Muslimen. Für das Zusammenleben in diesem Land und in der Welt brauchen wir alle Stimmen, dürfen wir niemanden verloren geben und fühlen uns denen besonders verbunden, die zu verstummen drohen. Lassen Sie uns gemeinsam an einer Gesellschaft arbeiten, die das berücksichtigt, und für sie beten.

Ich wünsche Ihnen, Ihren Familien und Ihren Gemeinden eine gesegnete Zeit im Ramadan und für das abschließende Fest des Fastenbrechens.  

Mit herzlichen Grüßen

Íhr

Heinrich Bedford-Strohm

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