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Frank Ulrich Montgomery ist Präsident der Bundesärztekammer.

© dpa

Frank Ulrich Montgomery über Sterbehilfe: Ärztlich assistierter Suizid engt das Leben ein

Es ist eine der schwierigsten Entscheidungen überhaupt: Soll Sterbehilfe erlaubt werden oder nicht? Beim Tagesspiegel schreiben Ärzte und Politiker, was sie ganz persönlich darüber denken. Teil drei.

Es ist gut, dass wir intensiv über eine gesetzliche Regelung zum assistierten Suizid debattieren, denn hier prallen unterschiedliche ethische Einstellungen, religiöse Überzeugungen und individuelle Erfahrungen aufeinander. Im Kern dreht sich die Debatte um drei Fragen: Wollen wir eine organisierte Sterbehilfe? Wer soll Sterbehilfe leisten dürfen? Wo ziehen wir die Grenze zur Tötung auf Verlangen? Ich denke, in der ersten Frage besteht große Einigkeit. Wir müssen der gewerbsmäßig organisierten Sterbehilfe und den nur scheinbar altruistischen Sterbehilfevereinen das Handwerk legen. In unserer Gesellschaft darf kein Platz sein für Todesengel, die Giftcocktails reichen und damit Geschäfte machen wollen.

Schwieriger zu beantworten ist die Frage, wer Sterbehilfe leisten können soll. Ärzten ist in Deutschland die Beihilfe zum Suizid verboten. Zwar können sie nicht strafrechtlich belangt werden, sehr wohl aber durch das Berufsrecht. Diese Unterscheidung gibt es aus gutem Grund. Das Berufsethos verpflichtet den Arzt, Hilfe zum Leben zu leisten, nicht Hilfe zum Sterben. Leider sind die guten medizinischen Möglichkeiten zur Begleitung Sterbender wie Schmerztherapien, Palliativmedizin oder Hospize zu wenig bekannt. Unsere ärztliche Erfahrung sagt: Sehr viele Schwerkranke, die nur noch den Tod als Ausweg sehen, entscheiden sich für das Leben, wenn ein Arzt ihnen diese Alternativen aufzeigt.

Es braucht eine optimale Behandlung

Nun schlägt eine Gruppe von Medizinern und Juristen vor, Ärzte sollten in streng geregelten Ausnahmefällen ein tödliches Mittel verschreiben dürfen, ohne sich am Suizid selbst zu beteiligen. Aber dieser Weg führt in die Irre. Er reduziert den Arzt zum Todescocktailverschreiber, der dem Patienten gerade in der schwersten Stunde seines Lebens, im Tode, nicht zur Seite stehen darf. Der ärztlich assistierte Suizid eröffnet nur scheinbar Freiräume, in Wirklichkeit jedoch engt er das Leben ein. Auf diejenigen, die unheilbar krank, dement oder vereinsamt sind, wüchse der gesellschaftliche Druck.

Das aber wollen die Menschen nicht. Diejenigen, die als Gesunde, weit entfernt von der konkreten Entscheidung zwischen Leben und Tod, für die ärztliche Sterbehilfe plädieren, glauben, dass Ärzte den Suizid dann für sie übernähmen. Das aber wäre Tötung auf Verlangen, und die muss verboten bleiben – sie wäre der Schritt zur Euthanasie. Die bessere Alternative zum schnellen Tod ist die Sicherheit einer optimalen Behandlung, eines würdigen Lebens und natürlichen Sterbens. Dafür lohnt es zu kämpfen.

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