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Flüchtlingsheim in Burbach: Schlimme Zustände

Foto: DPA/ Polizei NRW

Wachmann aus Flüchtlingsheim in Burbach "Ich schäme mich"

Markus H. drückte einem Flüchtling im Burbacher Asylheim seinen Schuh in den Nacken. Die Zustände in der Unterkunft beschreibt der Wachmann als skandalös. Inzwischen versteckt er sich an einem unbekannten Ort.

Vor dem Haus am Ende einer schmalen Straße irgendwo im Siegerland steht ein blank polierter BMW, blau, mit Sportfelgen. Ein schwerer Mann mit kahl geschorenem Kopf, zwei goldenen Ohrringen und schwarzer Sonnenbrille will gerade einsteigen. Doch er zögert, als er die Besucher sieht. "Was wollen Sie?", fragt er.

Markus H., 30, ist einer der Wachleute, die seit einer Woche das ganze Land in Empörung versetzen. Seitdem die Hagener Polizei am vorvergangenen Sonntag ein Bild herausgegeben hat, das H. zeigt, wie er im Asylbewerberheim Burbach seinen rechten Fuß in den Nacken eines am Boden liegenden, gefesselten Flüchtlings drückt, versteckt er sich an einem unbekannten Ort "weit weg", wie er sagt. An diesem Nachmittag ist er nach Hause gekommen, um einige Sachen zu holen. Er will jetzt reden.

H. geht in seine Wohnung im ersten Stock eines Mehrfamilienhauses. An der Wand im Flur hängen Autogrammkarten der Kastelruther Spatzen, von Jürgen Milski und ähnlich prominenten Gesangstalenten. "Wer die kleinen Dinge im Leben schätzt, hat den wahren Weg zum Glück gefunden", hat jemand in Zartrosa auf die Wand vor dem Bad gepinselt.

Keine einschlägigen Tattoos

Plötzlich reißt sich H. das Hemd vom Leib: "Sehen Sie, ich bin kein Ausländerfeind", ruft er und dreht sich um die eigene Achse. SPIEGEL ONLINE hatte zuvor berichtet, dass H. auf dem linken Unterarm die bei Rechtsextremisten beliebte Tätowierung "Ruhm und Ehre" trägt.

Jetzt will H. beweisen, dass er keine weiteren einschlägigen Tattoos hat, indem er sich auszieht. Auch streitet er vehement ab, jemals der Neonazi-Szene angehört oder mit ihr sympathisiert zu haben. Allerdings gibt es Personen in seinem Umfeld, die sich an Straftaten erinnern wollen, die H. vor Jahren in diesem Milieu begangen haben soll. Bislang können die Ermittler in dem aktuellen Fall jedoch keine Hinweise auf einen politischen Hintergrund der Misshandlungen erkennen. Einige der mutmaßlichen Täter haben selbst einen Migrationshintergrund.

H. wiederum erklärt das skandalöse Foto damit, dass er einem Kollegen zu Hilfe geeilt sei. Gemeinsam hätten sie einen aggressiven Flüchtling niedergerungen und dann aus Übermut das Bild geschossen.

Mehr zu dem Thema lesen Sie im aktuellen SPIEGEL:

Bericht aus Burbach im neuen SPIEGEL
Foto: DER SPIEGEL

Gewalt im Asylheim: Warum Deutschland mit den hohen Flüchtlingszahlen überfordert istAsyl: Schande mit System (SPIEGEL 41/2014)

"Es war bescheuert", sagt H., "ich schäme mich dafür." Während sein Kollege den fixierten Algerier R., 28, noch getreten und geschlagen habe, habe er nichts dergleichen getan, beteuert H.

Ähnlich wie der ehemalige Wachmann Dieter P.* zeichnet auch Markus H. das Bild eines Flüchtlingsheimes, in dem über lange Zeit - unbemerkt oder ignoriert von den Behörden - skandalöse Zustände geherrscht hätten. Einige seiner Kollegen in Burbach machten sich demnach einen Spaß daraus, Asylbewerber zu schikanieren. Zeitweise hätten sich die Männer in einer WhatsApp-Gruppe gegenseitig Bilder erniedrigter Menschen zugeschickt. "Ich bin da ganz schnell ausgetreten", behauptet Markus H.

Aber auch viele Flüchtlinge seien schwierig gewesen, so H. Einer habe sich mit einem Messer in die Arme geschnitten. Alle paar Wochen habe es eine Massenkeilerei zwischen Dutzenden Bewohnern gegeben. Und erst vor wenigen Tagen sei er mit Stühlen angegriffen worden und habe sich am Handgelenk verletzt, erzählt H. und deutet auf seinen verbundenen rechten Arm. "Ich war immer froh, wenn ich heil nach Hause kam."

Ein früherer Mitarbeiter von European Homecare erinnert sich an Markus H. als einen "Mitläufer", der eigentlich "gutmütig" gewesen sei, bei Auseinandersetzungen aber ebenfalls zugelangt habe. H. ist wegen eines Diebstahls vorbestraft, auch wurde bereits wegen Betruges gegen ihn ermittelt. Der ehemalige Sonderschüler jobbte jahrelang als Paketfahrer und Lagerist, ehe er bei einer Siegener Sicherheitsfirma für 7,50 Euro die Stunde anheuerte. Nach einem Führungszeugnis habe ihn da in all den Jahren niemand gefragt, so H.

SPIEGEL ONLINE

Sein Kollege Markus K., der auf dem empörenden Foto im Hintergrund hockt, ist der Polizei ebenfalls gut bekannt. Sein Eintrag in der Datenbank der Ermittler ist gekennzeichnet mit den Schlagworten "Bewaffnet", "Gewalttätig" und "BTM-Konsument". Letzteres bedeutet, dass er wohl regelmäßig Drogen nimmt. Am Hals trägt der Mann, der Flüchtlinge beschützen sollte, eine auffällige Tätowierung: "Hate" steht dort, "Hass".

* Name geändert