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Deutschland Markus Söder

„Angela Merkel soll Fehler einräumen“

Terrororganisationen könnten Flüchtlinge rekrutieren

Bayerns Finanzminister Markus Söder fordert nach den Anschlägen von Paris eine Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik. Er fürchtet, dass unzufriedene Flüchtlinge von Terrororganisationen rekrutiert werden könnten.

Quelle: Die Welt

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Die Anschläge in Paris ändern „alles“, sagt Bayerns Finanzminister Söder mit Blick auf die Asylkrise. Er warnt vor Grenzübertritten von Terroristen. Nun erwartet er von Merkel eine politische Umkehr.

Welt am Sonntag: Herr Söder, was bedeutet die blutige Terrornacht von Paris für Deutschland?

Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) pocht nach den Anschlägen in Paris auf ein neues Grenzregime
Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) pocht nach den Anschlägen in Paris auf ein neues Grenzregime
Quelle: Amin Akhtar

Markus Söder: Wir trauern mit den Franzosen. Jetzt muss Europa zusammenhalten gegen Terrorismus und Gewalt. Es beginnt eine neue Ära: Der Kontinent muss sich besser schützen vor Feinden, die vor nichts zurückschrecken. Die Zeit unkontrollierter Zuwanderung und illegaler Einwanderung kann so nicht weitergehen. Paris ändert alles.

Welt am Sonntag: Sie spielen auf die Flüchtlingslage an. Vermischen Sie nicht Dinge, die womöglich nichts miteinander zu tun haben?

Söder: Frankreich hat seine Grenzen geschlossen. Das sollten wir uns auch vorbehalten. Viele Flüchtlinge sind nicht registriert, weil sie über die grüne Grenze gekommen sind. Es kann nicht sein, dass wir nicht wissen, wer nach Deutschland kommt und was diese Menschen hier machen. Diesen Zustand müssen wir mit allen Mitteln beenden. Nicht jeder Flüchtling ist ein IS-Terrorist.

Aber zu glauben, dass sich kein einziger Bürgerkrieger unter den Flüchtlingen befindet, ist naiv. Frankreich zeigt: In Fragen der Sicherheit dürfen wir keine Kompromisse mehr machen.

Welt am Sonntag: Glauben Sie, dass die große Koalition jetzt zu größerer Gemeinsamkeit findet?

„Wir fühlen uns Ihnen so nah. Wir weinen mit Ihnen“

Sichtlich mitgenommen: Angela Merkel hat sich zu den verheerenden Anschlägen in Paris geäußert. Ungewöhnlich emotional sprach die Kanzlerin Frankreich ihre Anteilnahme aus. Der Terror sei ein Angriff auf uns alle.

Quelle: Die Welt

Söder: Das ist zwingend notwendig. In den vergangenen Tagen hat die Regierung nicht immer den Eindruck vermittelt, langfristig souveräne Entscheidungen zu treffen. In der Flüchtlingskrise wurden zwar wichtige Maßnahmen ergriffen, aber das bleibt Stückwerk, solange es keine endgültige Strategie gibt. Das Urvertrauen der Bevölkerung ist deshalb spätestens nach Paris empfindlich berührt.

Welt am Sonntag: Und wie soll die endgültige Strategie aussehen?

Söder: Die Wahrheit ist an der Grenze. Die Situation dort muss sich ändern. Wir brauchen jetzt endlich eine Strategie mit einer Obergrenze der Zuwanderung. Denn wir können nicht jedes Jahr eine Million Flüchtlinge aufnehmen. Das verkraftet das Land finanziell und kulturell nicht. Solange die Kanzlerin das nicht klar sagt, sind die Probleme nur vertagt und nicht gelöst. Deutschland hat das Grenzkontroll-System in Europa de facto außer Kraft gesetzt und damit eine neue Zuwanderungswelle aus Syrien, Irak, Afghanistan und Pakistan ausgelöst.

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Welt am Sonntag: Welche Zahl können wir jährlich verkraften?

Söder: Eine Million ist viel zu viel. Vorstellbar ist allenfalls eine geordnete Zuwanderung von 200.000 bis 300.000 Menschen. Mehr können wir nicht sinnvoll integrieren.

Welt am Sonntag: Die Kanzlerin verweist auf die Notwendigkeit einer europäischen Lösung. Danach sieht es im Moment aber nicht aus. Was nun?

Söder: Der Schutz der EU-Außengrenzen muss endlich gewährleistet werden. Zu lange ist das versäumt worden. Wenn das nicht sichergestellt werden kann, muss Deutschland die eigenen Grenzen sichern und schützen. Eine Kapitulation vor einer massenhaften illegalen Einwanderung darf es nicht geben.

Welt am Sonntag: Könnte Bayern seine Grenzen allein sichern?

Söder: Ja. Sollte der Bund sagen, wir können die Grenze nicht allein sichern, dann kann Bayern dies übernehmen. Das haben wir in früheren Zeiten bereits geschafft. Manchmal müssen die Bayern die letzten Preußen sein. Das hat schon Franz Josef Strauß gesagt.

Welt am Sonntag: Was genau erwarten Sie für eine Aussage von Angela Merkel?

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Söder: Die CSU steht zur Kanzlerin, aber es wäre gut, wenn Angela Merkel einräumen würde, dass die zeitlich unbefristete Öffnung der Grenzen ein Fehler war. Wir wollten helfen und haben geholfen, aber jetzt sind auch wir überfordert. Deshalb muss es eine Begrenzung geben. Das sind Sätze, die sich viele in der Union beim Parteitag der CSU diese Woche in München oder beim Parteitag der CDU in vier Wochen wünschen. Die Menschen sind tief verunsichert, darauf muss eine Regierung glaubhaft reagieren.

Welt am Sonntag: Wolfgang Schäuble wurde für seinen Vergleich von Flüchtlingen mit einer Lawine heftig kritisiert. Zu Recht?

Söder: Nein. Seine Grundaussage stimmt und trifft die Stimmung vieler Bürger. Ich bin weltoffen, aber ich will nicht, dass sich Deutschland ändert. Ich finde unser Land gut, wie es ist. Und die Menschen kommen doch zu uns, weil Deutschland ist, wie es ist.

Welt am Sonntag: Aber ist Moral nicht universell anzuwenden?

Söder: Eine deutsche Regierung muss zuvorderst an ihre eigenen Leute denken. Nicht umsonst schwören die Mitglieder der Bundesregierung, den Nutzen des deutschen Volkes zu mehren und Schaden von ihm abzuwenden. Sie verpflichten sich nicht, dies für die ganze Welt zu tun.

Wer ernsthaft behauptet, ein paar Kurse würden reichen, um so viele Menschen aus ganz anderen Kulturkreisen zu integrieren, der macht sich selbst etwas vor

Welt am Sonntag: Kann der Sozialstaat mit offenen Grenzen existieren?

Söder: Die Integrationsleistung wird vor allem von den kleinen Leuten erbracht, die die Konkurrenz um Jobs und Wohnungen hautnah erleben werden. Der soziale Frieden ist gefährdet. Es kann doch nicht sein, dass Menschen die gleichen Gesundheitsleistungen bekommen, die noch nie hier gearbeitet haben, wie jene, die ein Leben lang eingezahlt haben.

Und wer ernsthaft behauptet, ein paar Kurse würden reichen, um so viele Menschen aus ganz anderen Kulturkreisen zu integrieren, der macht sich selbst etwas vor. Wir importieren kulturelle und soziale Spannungen ins Land.

Welt am Sonntag: Was sollte Deutschland denn mit den Leuten tun, die an den Grenzen ankommen?

Deutschland wendet Dublin-Verfahren wieder an

Das Innenministerium plant, syrische Asylbewerber wieder in die EU-Länder zurückzuschicken, über die sie eingereist sind. Die SPD wurde von der Rückkehr zum Dublin-Verfahren überrascht.

Quelle: Die Welt

Söder: Es geht um die Anwendung von Dublin in ganz Europa. Sollten die EU-Außengrenzen nicht sicher sein, muss auch Deutschland Flüchtlinge in Bussen in jene Länder zurückschicken, aus denen sie gekommen sind und in denen sie bereits sicher waren. Wenn Deutschland die Leute nach Österreich zurückschickt, dann wird Österreich ebenso verfahren.

Außerdem brauchen wir auf europäischer Ebene eine Diskussion darüber, ob Europa zu einem Flüchtlingskontinent werden soll. Wir sollten die Sorgen der Osteuropäer ernster nehmen und nicht zulassen, dass Europa sich wegen der Flüchtlingsfrage spaltet.

Welt am Sonntag: Bei Recherchen zu einem Film über die Flüchtlingssituation in Europa fiel uns auf, dass an der lediglich acht Kilometer breiten Meeresenge zwischen der Türkei und der griechischen Insel Lesbos, die täglich Tausende Flüchtlinge passieren, weder griechische noch türkische Küstenwache noch die europäische Behörde Frontex aktiv waren. Wie ist das möglich?

Söder: Im Sommer hätte man die neuen Griechenland-Hilfen an die Sicherung der EU-Außengrenze knüpfen sollen. Am Horn von Afrika konnten wir mit konsequentem Einsatz von Schiffen und Militär die Piraterie ausschalten. Es ist deshalb nötig, dass die EU beim nächsten Flüchtlingsgipfel erreicht, dass der Zustrom bereits an diesem Nadelöhr zwischen der Türkei und Europa gestoppt wird. Wenn Griechenland und andere Partner ihre Auflagen nicht erfüllen, dann können sie in Zukunft nicht auf die gleichen Finanzmittel hoffen wie in der Vergangenheit.

Welt am Sonntag: Wie gefährlich ist die Situation für CDU und CSU?

Söder: Sie rührt an die Grundfesten der Union. Derzeit findet eine Entfremdung zwischen der bürgerlichen Wählerschaft und der politischen Führung statt. Das belegen die aktuellen Umfragen. Wir werden immer dann gewählt, wenn wir Sicherheit und Stabilität gewährleisten. Andere Parteien mögen progressiver wirken, aber mit uns fühlen sich die Menschen sicher. Das ist unsere Kernkompetenz.

Quelle: Infografik Die Welt

Deshalb wäre eine dauerhafte Preisgabe des Rechtsstaats für uns existenzbedrohend. Vor Kurzem haben manche von uns noch von der absoluten Mehrheit 2017 geträumt. Das ist vorbei. Es ist die falsche Strategie, eine ganze Generation von Stammwählern abzuschreiben.

Welt am Sonntag: Die CSU hat der Regierung zahlreiche Ultimaten gesetzt. Sogar vom Austritt der Minister war schon die Rede. Sind das probate Mittel, um Ziele zu erreichen, Stammwähler zu halten?

Söder: Es ist nicht die Zeit für parteipolitische Profilierung. Aus der Regierungsverantwortung herauszugehen, macht niemanden stärker. Das wäre eine endgültige Kapitulation. Wir müssen die Probleme in der Koalition lösen. Die Regierung als ganze muss jetzt der Krisenstab sein und nicht einzelne Gruppen oder Personen. Eine Regierungskrise ist das Letzte, was die Bürger jetzt wollen.

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