Ausgabe 23/2016 - 10.06.2016
Berlin (epd). Der Parteivorsitzende Cem Özdemir und der Renten-Experte der Bundestagsfraktion, Markus Kurth, stellten am 3. Juni in Berlin den Abschlussbericht der parteiinternen Rentenkommission vor, die Kurth geleitet hatte. "Wir wollen keinen radikalen Systemwechsel", sagte Özdemir. Vielmehr wolle man sich auf das Machbare konzentrieren.
Selbstständige, die nicht über berufsständische Versorgungswerke oder anderweitig vorsorgen, sollen nach dem Willen der Grünen so bald wie möglich in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden. Daneben planen sie eine einfache, öffentlich verwaltete Basis-Zusatzrente, Verbesserungen für Frauen und eine Garantierente für langjährig Erwerbstätige.
Die Grünen verlangen in ihrem neuen Konzept, über den noch ein Parteitag entscheiden muss, eine langfristige Stabilisierung des Rentenniveaus und befinden sich damit in guter Gesellschaft von SPD-Spitze, CSU-Parteichef Horst Seehofer und der Linkspartei. Die Standardrente soll Kurth zufolge mindestens 50 Prozent oberhalb der Grundsicherung im Alter liegen, was einem Renteniveau von etwa 46 Prozent entspräche, knapp zwei Prozentpunkte unter dem gegenwärtigen Niveau. Das Rentenniveau beschreibt das Verhältnis einer Standardrente zum Durchschnittslohn.
Die SPD, die sich gerade - ebenso wie die Grünen - von den Beschlüssen der damaligen rot-grünen Koalition zur Rentenreform abwendet, liegt mit den jüngsten Forderung ihres Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel etwas über den Vorstellungen der Grünen. Gesetzlich ist vorgesehen, dass das Niveau bis 2030 auf 43 Prozent sinken kann, um die Beiträge bei höchstens 22 Prozent zu halten.
Kurth sagte, zwar bedeuteten die Pläne der Grünen höhere Ausgaben. Doch gebe es zahlreiche Wege, die Einnahmen der Rentenversicherung zu erhöhen. Beitragsanhebungen seien nur die "ultima ratio". Er nannte u.a. eine Steuerfinanzierung der Mütterrenten, die wachsende Erwerbsbeteiligung von Frauen und die Einbeziehung der Selbstständigen.
Zugleich warnte Kurth, die gesetzliche Rentenversicherung verliere ihre Legitimation, wenn Geringverdiener nur noch Renten in Grundsicherungshöhe erwirtschaften könnten. Dies werde ab Mitte der 2020er Jahre der Fall sein. Das Konzept sieht daher auch eine Mindestrente im Alter vor.
Die private Altersvorsorge wollen die Grünen durch eine einfache, öffentlich verwaltete Basis-Versicherung erweitern, damit Geringverdiener zusätzliche Renten ansparen können. Die Rentenkommission verlangt von der eigenen Partei eine "ehrliche Problemanalyse" - haben die Grünen die Riester-Rente im Jahr 2001 doch mitbeschlossen, die sie heute für gescheitert halten.
Um die Altersrenten von Frauen zu erhöhen, schlägt die Rentenkommission der Grünen vor, dass Ehe- und Lebenspartner ihre Anwartschaften, ebenso wie die Anrechnung von Kindererziehungszeiten, jeweils teilen müssen. Der Schlüssel zu höheren Frauenrenten liege indes auf dem Arbeitsmarkt, heißt es in dem Abschlussbericht.