sozial-Politik

Nordrhein-Westfalen

Pharmaversuche an Kindern: Ministerin verspricht Entschädigung



Die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) hat am 26. August im Skandal um Medikamentenversuche an nordrhein-westfälischen Heimkindern in den 1950er bis 1970er Jahren Aufklärung und Entschädigung für die Opfer angekündigt. Im Gesundheitsausschuss des Düsseldorfer Landtags sagte die Ministerin, sie könne nicht ausschließen, dass möglicherweise "noch sehr viel mehr" als die bislang bekannten fünf Einrichtungen in NRW in den Skandal verwickelt waren.

Bei den bislang benannten Einrichtungen handelt es sich nach Angaben der Ministerin um das Kinderheim Neu-Düsselthal in Düsseldorf, das Kinderheim Franz Sales Haus in Essen, die Bodelschwinghschen Anstalten in Bielefeld-Bethel, ein namentlich nicht benanntes Heim vermutlich in Düsseldorf sowie die Rheinische Landesklinik für Jugendpsychiatrie in Viersen-Süchteln (LVR). Das Franz-Sales-Haus, die v. Bodelschwinghschen Anstalten und der LVR kündigten bereits ihren Willen zur Aufklärung der Vorgänge an.

Die Aufsicht über die drei Kinder- und Jugendheime lag laut Steffens von 1955 bis 1970 beim Ministerium für Jugend und Soziales. Steffens betonte: "Unerlaubte Medikamententests darf es nicht geben - damals wie heute nicht."

Vertreter aller fünf Parteien im Gesundheitsausschuss des Landtags äußerten sich schockiert den Skandal in den Einrichtungen. Michael Scheffler von der SPD sagte, er sei "fassungslos, dass bis Mitte der 1970er Jahre Kinder für medizinische Zwecke missbraucht wurden". Im Falle einer finanziellen Entschädigung für die Opfer müssten auch die Pharma-Unternehmen beteiligt werden, forderte er. Ein Vertreter der oppositionellen CDU betonte, bei der Aufarbeitung des Skandals müsse auch untersucht werden, "ob solche Medikamentenversuche auch heute noch passieren" könnten.

Steffens sagte, vor einer schnellen Entschädigung für die Opfer müssten die Vorfälle komplett aufgeklärt werden. Noch sei nicht umfassend bekannt, welche Daten es zu den Vorfällen noch gebe, welche Einrichtungen betroffen seien, ob es sich um Markt-Medikamente gehandelt habe oder nicht und ob die Versuche mit den Medikamenten an gesunden oder kranken Kindern erfolgten.


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