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EKD-Vizepräses räumt Verbesserungsbedarf beim Arbeitsrecht ein




Klaus Eberl
epd-bild/Norbert Neetz

Fünf Jahre nach der Verabschiedung von Richtlinien für das kirchliche Arbeitsrecht durch die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) haben EKD-Repräsentanten, Mitarbeitervertreter und die Gewerkschaft ver.di eine kritische Zwischenbilanz gezogen. "Es gibt Bereiche, wo wir noch Verbesserungsbedarf haben", sagte der Vizepräses der EKD-Synode, Klaus Eberl, am 7. November nach einem Treffen in Magdeburg dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler hatte zuvor erklärt, wesentliche Punkte zur solidarischen Ausgestaltung des kirchlichen Arbeitsrechts seien bis heute nicht umgesetzt worden, etwa ein von der EKD-Synode 2011 geforderter verbindlicher Leittarif und ein bundesweiter Rahmen mit gemeinsamen Regelungen. "Von diesem Ziel sind die evangelische Kirche und ihre Diakonie meilenweit entfernt", sagte Bühler.

Bis heute gebe es keinen einheitlichen Rahmen, stellt Bühler fest. Die Vielzahl von Arbeitsrechtlichen Kommissionen in der Diakonie und der evangelischen Kirche belege, wie zersplittert das kirchliche Tarifrecht sei. "Ausnahmeregelungen und einseitig vom Arbeitgeber festgelegte Arbeitsvertragsbedingungen tragen dazu bei, dass besonders in der Altenhilfe die Bezahlung oft nicht fair oder gar leistungsgerecht ist. Ein einheitlicher Tarifvertrag bundesweit würde hier Abhilfe schaffen", betonte Bühler.

Auch blieben trotz anderslautenden Beschlusses die Rechte der Mitarbeitervertretungen deutlich hinter den Standards des weltlichen Betriebsverfassungsrechts zurück.

Klaus Eberl forderte, Tariftreue müsse für die Kirche ein Standard sein. "Es gibt noch schwarze Schafe", räumte er am Rande der diesjährigen Synodentagung im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) ein. Einzelne Sozialunternehmen seien inzwischen aus den Diakonischen Werken ausgeschlossen worden. Er gehe davon aus, dass das Nebeneinander tariflicher Regelungen und des Dritten Weges der Kirchen im Arbeitsrecht erhalten bleiben werde.

Der Dritte Weg geht vom Verständnis einer Dienstgemeinschaft aus, die Beschäftigte als Dienstnehmer und Kirche und Diakonie als Dienstgeber sieht, die ihre Angelegenheiten in arbeitsrechtlichen Kommissionen aushandeln. Zu den Besonderheiten gehört, dass Arbeitskampfmittel wie Streik und Aussperrung ausgeschlossen sind.

Der Vizepräses der EKD-Synode erklärte, das Gespräch mit den rund 100 Mitarbeitervertretern sei konstruktiv verlaufen. Er zeigte Verständnis insbesondere für Klagen ostdeutscher Beschäftigter: "Es gibt Fälle, bei denen die Entgelte nicht ausreichen, um ein ordentliches Leben zu führen." In solchen Fällen gebe es Handlungsbedarf. Zudem erwartet er Veränderungen bei den Einstellungsvoraussetzungen. Die Diakonie werde sich auch für muslimische oder konfessionslose Mitarbeiter öffnen.

Der Präsident des Dachverbandes Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, äußerte am Montag seine Überzeugung, "dass sich auf dem Dritten Weg die besten Ergebnisse für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erzielen lassen". Es rege ihn auf, dass sich die Mitarbeitervertretungen von der Gewerkschaft und deren "aggressiver Mitgliederwerbung instrumentalisieren" ließen, schreibt Lilie in einem Blogbeitrag unter der Überschrift "Nützliche Idioten". Es werde ein Feindbild geschürt zwischen böser Kirche und Diakonie auf der einen Seite und den Gewerkschaftern als Kämpfern für die gute Sache.

"Diese Polarisierungen sind grundfalsch und helfen überhaupt nicht weiter", erklärte Lilie. Er räumte ein, dass seine öffentlich gewählte Schlagzeile "Nützliche Idioten" nicht politisch korrekt sei. Es gehe ihm nicht um die Beschimpfung der Mitarbeitervertretungen, sondern um gute Arbeitsbedingungen, "gerade weil die Konkurrenz auf dem Markt der Pflege so unerbittlich ist".

Thomas Schiller/Dirk Baas

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