Ausgabe 33/2016 - 19.08.2016
Stade (epd). Ein abgelehnter Asylbewerber, der in einer Kirche Asyl erhält, darf von der Ausländerbehörde keine geringeren Leistungen erhalten. Denn hat die Behörde das Kirchenasyl geduldet, hat der Flüchtling seinen Aufenthalt nicht rechtsmissbräuchlich oder gar sittenwidrig erreicht, entschied das Sozialgericht Stade in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 17. März.
Im verhandelten Fall ging es um einen Flüchtling, dessen Asylantrag im September 2014 abgelehnt wurde. Grund: Er hatte zuvor bereits in Belgien Asyl beantragt. Eine Überstellung nach Belgien scheiterte jedoch Anfang 2015, denn der Mann hatte sich in ein Kirchenasyl begeben. Noch am selben Tag informierte die Kirchengemeinde die Ausländerbehörde per Fax.
Das Ausländeramt duldete das Kirchenasyl. Weil schließlich der Flüchtling nicht innerhalb der nach EU-Recht vorgeschriebenen Frist von sechs Monaten nach Belgien überstellt, war Deutschland für den Mann nun zuständig.
Wegen des Kirchenasyls sollte der Flüchtling jedoch nun mit geringeren Asylbewerberleistungen auskommen. Zwar könnten ab einem Aufenthalt von 15 Monaten in Deutschland in der Regel höhere Leistungen beansprucht werden, befand die Behörde. Hier habe der Asylbewerber aber wegen des Kirchenasyls seinen Aufenthalt rechtsmissbräuchlich erlangt.
Im Eilverfahren stellte das Sozialgericht jedoch klar, dass kein Rechtsmissbrauch vorliegt. Denn mit der Duldung des Kirchenasyls habe der Staat auf die Durchsetzung der Ausreisepflicht verzichtet.
Es liege mit dem Kirchenasyl auch kein sittenwidriges Verhalten vor. „Dass die Kirchen Ausländern, den die Abschiebung droht, Kirchenasyl anbieten, ist mit den Werten der Gesellschaft vereinbar“, so das Sozialgericht.
Az.: S 19 AY 1/16 ER