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Studie

Autor: Keine gesicherten Zahlen zu Tötung in Krankenhäusern



Der Streit über eine Studie über Patiententötungen in Krankenhäusern und Pflegeheimen durch das Personal reißt nicht ab. Wissenschaftler der Universität Herdecke um den Psychotherapeuten Karl H. Beine haben hochgerechnet, dass möglicherweise bis zu 21.000 Patienten pro Jahr durch die Hand von Klinikpersonal ums Leben kommen. Beine betonte am 29. März, dass die Zahlen nicht repräsentativ seien. Sie sollten jedoch alarmieren und zu weiterer Forschung auffordern. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft sprach von "völlig unseriösen Behauptungen".

Mit der Erhebung sei erstmalig in Deutschland das Phänomen von Tötungsdelikten im Gesundheitswesen empirisch untersucht worden, verteidigte Beine die Studie. Es handele sich um eine Pilotstudie zu einem heiklen Thema. "Unsere Untersuchung besagt nicht, dass nun gesichert von vielen tausend Mord- oder Totschlagsdelikten pro Jahr in Deutschland auszugehen ist", unterstrich der Forscher. Die Studie zeige aber, dass die Zahl der Tötungen in deutschen Krankenhäusern vermutlich höher ausfalle als bisher angenommen. Jedes Mal reflexartig vorgetragene Behauptungen, es handle sich um Einzelfälle, müssten hinterfragt werden.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) kritisierte, dass die "empirische Schätzung" offensichtlich nicht zwischen der Begleitung von Sterbenden und Töten unterscheide. Damit werde der palliativmedizinische Ansatz diskreditiert, erklärte DKG-Präsident Thomas Reumann in Berlin. Die Behauptung, dass jährlich mehrere Zehntausend Patienten in Deutschland getötet würden, sei "eine unverantwortliche Behauptung, die als völlig unseriös zurückzuweisen ist".

Für die Studie hatten Beine und seine Kollegen rund 5.000 Ärzte, Kranken- und Altenpfleger gefragt, ob sie in den vergangenen zwölf Monaten lebensbeendende Maßnahmen an Patienten vorgenommen hätten. Laut der Studie antworteten drei Prozent der Ärzte in Krankenhäusern, sie selbst hätten dies bereits getan, ebenso fünf Prozent der Altenpfleger und 1,5 Prozent der Krankenpfleger. In den Pflegeheimen lagen die Ergebnisse ähnlich. Beine schließt allerdings nicht aus, dass Studienteilnehmer die Frage missverstehen konnten und das Abstellen von Maschinen aufgrund von Patientenverfügungen meinten.

Zuletzt war das Thema durch den Pfleger Niels H. im niedersächsischen Delmenhorst und Oldenburg in die Öffentlichkeit gerückt. Er war 2015 wegen mehrfachen Mordes an Patienten zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Momentan werden bis zu 200 weitere Fälle untersucht.


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