Gestorben wird Zuhause - Ja zum begleiteten Sterbefasten! Dafür brauchen wir ein Gesetz!

Gestorben wird Zuhause - Ja zum begleiteten Sterbefasten! Dafür brauchen wir ein Gesetz!

Startdatum
15. Juli 2016
Petition an
Katarina Barley (Justizministerin der Bundesrepublik Deutschland) und
Petition geschlossen.
Diese Petition hat 42.346 Unterschriften erreicht

Warum ist diese Petition wichtig?

Gestartet von Barbara Rütting

Update 13.06.2019

Liebe Freundinnen und Freunde,

am Pfingstsamstag lag in meinem Briefkasten das neue Buch von Christiane und
Christoph zur Nieden „Umgang mit Sterbefasten – Fälle aus der Praxis.“
Ein Traumtag: die Sonne am knallblauen Himmel nicht zu heftig, eine für Spessartverhältnisse sanfte Brise bringt angenehme Kühlung, das Konzert der Vögel ausgewogen zwischen liebestrunkenen gurrenden Tauben und jubilierenden Amseln.
Mein erster Gedanke: Soll ich mich wirklich auch noch an diesem zauberhatten Morgen mit dem Thema Sterbefasten auseinandersetzen?
Die Antwort liefert prompt auf einer der ersten Seiten des Buches der Philosoph Lucius Annaeus Seneca (1 bis 65 n. Chr.)

„Richte dein Streben dahin, daß der Name des Todes seinen Schrecken für dich verliert. Mach ihn dir durch häufiges Nachdenken vertraut, damit du, wenn es die Umstände fordern, ihm sogar entgegengehen kannst.“

Und siehe da – mein Geleitwort zum Buch stimmt mich regelrecht fröhlich. Ich habe immer ein ziemlich selbstbestimmtes gutes Leben geführt, und hoffe, mich einmal auch selbstbestimmt und gut von diesem Leben verabschieden zu können. 
Die Möglichkeit des Sterbefastens wird dabei vielleicht irgendwann eine große Hilfe sein. Und jetzt freuen wir uns erstmal unseres Lebens!

Mein Geleitwort:

Was für ein tröstliches Buch! Christiane und Christoph zur Nieden, sie Sterbe- und Trauerbegleiterin, er Palliativmediziner, haben in ihrem neuen Buch „Umgang mit Sterbefasten“ 18 Fälle sterbefastender Menschen dokumentiert, die sie mit unerschöpflicher Geduld sehr liebevoll und dabei erfrischend nüchtern begleitet haben.
Wie die meisten der geschilderten Fälle empfinde auch ich die Aussicht, einmal Unterstützung und Begleitung beim Sterbefasten zu erhalten, sollte das Dasein total unerträglich geworden sein, als äußerst beruhigend. So ist wohl auch die Heiterkeit und geradezu gute Laune der Sterbefastenden zu erklären, über die von den sie Begleitenden oft berichtet wird. Das können der Ehepartner, die Kinder, eine Großfamilie, ein Freund oder eine Freundin oderein Hospizteam sein.
Jeder Fall verläuft anders, ob es nun darum geht, nach wie vielen Tagen des Fastens der Tod eintritt – im Allgemeinen wohl innerhalb von 14 Tagen –, ob und wie stark auftretender Durst wahrgenommen wird, und manchmal, aber selten wird das Fasten auch abgebrochen.
Es wird so viel in der Öffentlichkeit diskutiert, dass jedes Sterben würdevoll sein sollte – „die Würde des Menschen ist unantastbar“. Was aber unter würdevoll zu verstehen ist, hat nicht der Staat zu entscheiden oder irgendeine Institution, sondern jeder einzelne Mensch für sich allein.

Besonders ergriffen hat mich der Fall von Edith. Weniger der Sterbeprozess an sich, sondern dass diese elf intensiven Tage, die Edith mit ihrer Tochter Susan verbringen durfte, offensichtlich die glücklichste Zeit war, auf die Mutter Edith in ihrem 88-jährigen, emotional eher kargen Leben zurückblicken konnte. Die beiden schafften es, viel Verdrängtes, aber auch Versäumtes in ihrer beider Leben aufzuarbeiten und zu bereinigen. Edith brachte es sogar fertig, ihrem Vater zu verzeihen. Der hatte sich statt eines Mädchens einen Stammhalter gewünscht und dem Leben der ungeliebten Tochter eine fatale Richtung gegeben -mit einem einzigen Satz: „Heul nicht, es interessiert niemanden, wie es dir geht!“
Diese Ablehnung durch den Vater hatte Ediths gesamtes Leben geprägt.
Nie hatte ihr jemand zugehört. „Wohl deshalb erzählt sie jetzt so viel“, meint die Tochter, „Sie erzählt und erzählt... sagt, dass sie weiß, dass sie bald nicht mehr erzählen kann und jetzt alles raus muss. [...] Seit meine Mama vom Sterbefasten und damit von der Möglichkeit, ihr Leben selbstbestimmt zu beenden, gehört hat, geht es ihr mental richtig gut, denn sie hat Aussicht auf einen Ausweg.“
Am sechsten Fastentag notiert Christiane zur Nieden: „Edith ist zusammen mit Susan im Keller, um aufzuräumen. Jetzt sitzt Edith am Computer und spielt Skat. Ihre Kraft lässt allmählich nach. Der Besuch mittags erschöpft sie zusätzlich, sodass sie Mittagsschlaf hält. Sie ist gut gelaunt und genießt die Massage durch ihre Tochter.“

Und am siebten Fastentag: „Susan genießt ebenfalls die intensive Verbindung mit ihrer Mutter, die es in dieser Zeit des engen Zusammenhalts schafft, besonders herzlich und sogar körperlich mit ihr umzugehen. Ein liebevolles, zärtliches Verhalten, dass sich Tochter Susan sicherlich schon oft früher im alltäglichen Leben gewünscht hat.“

 Susan notiert im Protokoll: „‚Für mich ist es schlimm, dass mir die Pflege „‚Spaß“‘macht. Es ist so schön, sie zu verwöhnen. Wenn es nach mir ginge, könnte das noch Wochen so weitergehen. Aber ich weiß ja, das genau will sie ja nicht‘.“

Am achten Tag notiert Christiane: „Im Laufe des achten Tages wird Edith immer wackeliger auf den Beinen, beklagt langsames Denken und immer quälender werdenden Durst. Edith stellt fest, dass den Mund auszuspülen ‚tausendmal besser ist, als kleine Schlückchen zu trinken‘. [...] Abends erklärt Edith, dass ‚es noch drei Tage dauern wird‘, so steht es in Susans Aufzeichnungen. .
Sie spüre es, da sie immer schwächer würde.
Drei Tage später ist Edith tot!“

Die beiden Autoren verheimlichen nicht, dass es beim Sterbefasten auch Probleme gibt. Manchen Sterbewilligen dauert es zu lange, sie können es nicht erwarten, dass der ersehnte Tod eintritt. Der häufigste Konflikt für die Begleitenden besteht darin, wenn Sterbewillige ihnen das Versprechen abgenommen haben, auf keinen Fall etwas zu trinken anzureichen, sollte in einer späteren Phase auch noch so sehr darum gebettelt werden.
Der Durst in einer bestimmten Phase des Sterbeprozesses ist den Berichten nach mal leichter, mal schwerer zu ertragen – aber, wie alle Begleiter bestätigen, das ist nichts verglichen mit den sich über Jahre hinziehenden Qualen, die z. B. meine eigene Mutter durchleiden musste. Ich habe damals in meiner Verzweiflung, ihr nicht helfen zu können, ein Gedicht geschrieben:

Meine Mutter

In Schaumgummi verpackt von Kopf bis Fuß so wund
schmerzverkrümmte Finger nicht mehr zu öffnen
meine Mutter.
Petersilie lallt ihr Mund ohne Gebiss
die Kinder kommen und wieder ist keine Petersilie im Haus!
Haben wie sie so ausgepowert
der Krieg oder einfach das Leben?
Es wird schon lügt der Arzt
wir stärken das Herz es wird schon!
Nichts wird.
Die Kehle ihr zudrücken das müsste ich
aber ich habe nicht den Mut.
Und muss zusehen
wie sie langsam krepiert
meine Mutter.

Wir fünf Geschwister haben unsere geliebte Mutter über Jahre von einem Arzt zum anderen geschleppt, zu uns nach Hause, von einem Krankenhaus ins andere, in der Hoffnung, ihr helfen zu können -aber als sie endlich gehen konnte, still und bescheiden, wie sie war, und dann doch überraschend, war niemand von uns Kindern bei ihr, um ihre Hand zu halten.

Für mich ist jedenfalls die Vorstellung, das Sterbefasten gegebenenfalls in Anspruch nehmen zu können, ungemein tröstlich, und ich werde alles daransetzen, dass ein Gesetz geschaffen wird, damit eine Begleitung durch Ärzte und Pflegepersonal straffrei ist.

Deshalb habe ich 2016 auf der Plattform change.org eine Petition für die Forderung eines solchen Gesetzes gestartet:
„Gestorben wird Zuhause -Ja zum begleiteten Sterbefasten! Dafür brauchen wir ein Gesetz!“ (https://www.change.org/p/gestorben-wird-zuhause-ja-zum-sterbefasten
Ende Februar 2019 hatten bereits über 42.000 Menschen unterzeichnet, Privatpersonen wie auch Ärztenund Pflegepersonal.

Danke liebe Christiane und lieber Christoph für Euren Mut, dass Ihr das Thema mit all seinem Für und Wider aufgegriffen habt.

Barbara Rütting
Schauspielerin, Autorin, Politikerin und Friedensaktivistin

 

Update 27.06.2018

Liebe Freundinnen und Freunde,

unsere Petition hat endlich die 42.000-Marke gesprengt! Die Angst, sich mit diesem Tabuthema auseinanderzusetzen sitzt doch sehr tief. Wie wichtig ein solches Gesetz ist, hat sich gerade wieder an einem Fall im Freundeskreis gezeigt. Die 80jährige Tante einer Freundin wurde wegen einer akuten Lungenentzündung ins Krankenhaus eingeliefert. Nach ein paar Tagen kam es zum Nierenversagen. Die Patientin war nicht mehr bei vollem Bewusstsein, und obwohl sie in ihrer Patientenverfügung unter anderem festgelegt hatte, sie wolle keine Dialyse, wurde sie mit Zustimmung der Kinder an die Dialyse angeschlossen, da die Ärzte meinten, es wäre einen Versuch wert, die Nieren würden oft nach einer einmaligen Dialyse ihre Tätigkeit wieder aufnehmen. Das war nicht der Fall, der Patientin ging es zusehends schlechter, und man konnte sehen, dass das Ende nahte. Trotzdem wurde jeden zweiten Tag eine Dialyse durchgeführt.

Als die Kinder den behandelnden Arzt ansprachen, ob die Behandlung nicht abgebrochen werden sollte (die Nieren funktionierten weiterhin nicht, der Zustand verschlimmerte sich), antwortete er, wenn er dies tue, sei das aktive Sterbehilfe. Dadurch waren die Kinder eingeschüchtert und die Behandlung wurde fortgesetzt. Ein paar Tage später ist die Patientin gestorben. Die Prozedur ging über 14 Tage. Diese Qual hätte man ihr ersparen können und müssen.

Immer wieder werden Angehörige von Schwerstkranken, die Essen und Trinken verweigern, durch Ärzte aber auch Verwandte eingeschüchtert oder bedroht, sie könnten doch Vater/Mutter, Oma/Opa nicht verhungern und verdursten lassen, gar umbringen! So dass die verängstigten Angehörigen sich fügen, obwohl die vorliegende Patientenverfügung es verbietet. Tatsache ist aber: Die Patienten sterben nicht, weil man sie verhungern oder verdursten lässt, sondern sie verweigern Nahrungs- und schließlich Flüssigkeitsaufnahme, weil sie dabei sind zu sterben!

Also lasst uns dranbleiben!

Barbara

 

Update 08.03.2018

Es gibt ein neues Update zu meiner Petition “Gestorben wird zuhause – Ja zum begleiteten Sterbefasten“

https://www.change.org/p/gestorben-wird-zuhause-ja-zum-sterbefasten

Dass sich nun inzwischen sogar die Zeitung „Die Welt“ dieses Tabuthemas angenommen hat, ist erfreulich und zeigt, es trifft den Nerv von immer mehr Menschen.

Meine Petition hat mittlerweile fast 42.000 Unterschriften. Das Wissen um die Möglichkeit dieses verhältnismäßig sanften selbstbestimmten Sterbens wird von allen UnterzeichnerInnen als sehr tröstlich empfunden, sollte aber noch viel stärker der gesamten Bevölkerung bekannt gemacht werden.

Die Jungen unter Euch werden womöglich denken, warum soll ich mich darum jetzt schon kümmern? Vorschlag: wenn nicht für Euch, dann tut es doch für Oma und Opa!

Hier findet Ihr den Artikel aus „Die Welt“, anschließend einen Kommentar von Christiane zur Nieden, Sterbebegleiterin und Autorin des Buches „Sterbefasten eine Fallbeschreibung“.

Unter der Überschrift „Als sie lebenssatt war, hörte sie auf zu essen“schreibt „Die Welt“ am 11.01.2018:

Für einige ist es Hilfe zur Selbsttötung, für andere eine Frage der Menschenwürde: das Sterbefasten. Schwer kranke Menschen hören auf zu essen, um zu sterben - selbstbestimmt und oft sehr friedlich.

Am Ende waren die Schmerzen kaum noch zu ertragen. Ein Leben lang hatte Marlies B. mit einer Stoffwechselerkrankung zu kämpfen. Anfang des vergangenen Jahres konnte sie kaum noch etwas essen und nur noch wenig bei sich behalten. Als sie im Mai dann nicht einmal 40 Kilogramm wog, mündeten lange Überlegungen in den Entschluss zum Sterbefasten: Die 74-Jährige hörte auf zu essen und zu trinken.

„Sie sagte, sie sei lebenssatt“, erinnert sich ihr Bruder Peter Auer an die Zeit im Frühjahr. „Und meine Schwester war letztlich schon lange eine sterbenskranke Frau“, ergänzt der 69-Jährige, der in Hamburg lebt. Ab dem 9. Mai nahm sie nichts mehr zu sich. Zuvor hatte sie die Situation selbst akribisch vorbereitet: einen Arzt konsultiert, einen Pflegedienst ausgesucht, ein Palliativzentrum eingeschaltet, um die Versorgung mit schmerzstillenden Morphin-Medikamenten sicherzustellen. Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht – alles lag vor.

Mit dem Sterbefasten befassen sich mehr Menschen als vielfach angenommen. Eine Online-Petition der Schauspielerin Barbara Rütting „Ja zum begleiteten Sterbefasten“ unterzeichneten bisher knapp 42.000 Unterstützer. Und eine in der „Zeitschrift für Palliativmedizin“ 2015 veröffentlichte Umfrage des Göttinger Professors und Ethikexperten Alfred Simon und seiner Mitarbeiterin Nina Luisa Hoekstra dokumentierte: Fast zwei Drittel der Hausärzte und Palliativmediziner, die an der Befragung teilnahmen, hatten in den vorangegangenen fünf Jahren mindestens einen Patienten beim Sterbefasten begleitet.

Damals wurden 714 Fragebögen verschickt, 255 kamen ausgefüllt zurück. Insgesamt fanden der freiwillige Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit und die ärztliche Begleitung große Zustimmung. Die meisten Mediziner befürworteten das Sterbefasten als letzte Möglichkeit für unheilbar und schwer erkrankte Menschen, um ein schicksalartiges Leiden zu beenden, das unerträglich war, etwa bei Krebs.

Eine Frage der Menschenwürde

„Natürlich muss über das Sterbefasten diskutiert werden“, räumt die evangelische Theologin Andrea Peschke ein. „Aber zur Menschenwürde gehört es auch, selbst zu entscheiden, wann ich aufhöre zu essen und zu trinken.“ Immer vorausgesetzt, die Entscheidung falle autonom und bei klarem Verstand, ergänzt die Beauftragte der hannoverschen Landeskirche für Hospiz- und Palliativarbeit.

Peter Auer sagt, für seine Schwester sei es kein moralisches Thema gewesen, „sondern vor allem eine Beziehungsfrage“. Deshalb sprach sie ausführlich mit ihm und ihren drei Töchtern. Die engsten Angehörigen begleiteten sie auch während des Sterbefastens – beispielsweise bei der immens wichtigen Mundpflege, die gegen Durstgefühl und Infektionen hilft. Es seien intensive Tage gewesen. „Das schweißt zusammen“, denkt Auer zurück. „Es waren alle da, die ihr nahestanden und haben sich von ihr verabschiedet. Das war ihr wichtig.“

Was die ärztliche Begleitung angeht, so sieht der Palliativmediziner Lukas Radbruch kein ethisches Problem. „Wenn Patienten für sich beschlossen haben, nicht mehr essen und trinken zu wollen, dann sollten wir das als Behandler beachten und respektieren“, sagt der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin. „Ich kann sicher im Gespräch Alternativen anbieten und mich bemühen, mehr über die Hintergründe des Entschlusses zu erfahren. Aber Ausübung von Druck oder sogar Zwang mit dem Ziel, dass der Patient doch wieder zu essen und trinken anfängt, wäre sicher nicht gerechtfertigt.“

Es waren alle da, die ihr nahestanden und haben sich von ihr verabschiedet. Das war ihr wichtig.

Peter Auer, Bruder von Marlies B.

Für Radbruch und auch für Simon ist dabei allerdings wichtig, dass sich der Arzt zuvor davon überzeugt, dass der Sterbewunsch wohlüberlegt ist. Dabei sollten alle wichtigen Informationen bekannt sein und die Entscheidung dürfe nicht auf sozialem Druck oder einer psychischen Erkrankung beruhen.

Trotzdem ist das Sterbefasten unter Ärzten umstritten. Einige sehen darin Hilfe zur Selbsttötung, so etwa der Münchner Mediziner und Medizinethiker Ralf Jox. Er argumentiert in einem Beitrag für die englische Fachzeitschrift BMC Medicine, ohne ärztliche Hilfe könnten viele Patienten ihren Wunsch zu fasten, bis der Tod eintritt, nicht realisieren.

Radbruch hält dagegen: „Der freiwillige Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit ist ja nicht unbedingt auf pflegerische oder ärztliche Begleitung angewiesen, eine gute Mundpflege können auch die Angehörigen machen.“ Wenn aber eine Begleitung durch ein Palliativteam gewünscht werde, könne er das gerne anbieten: „Genauso wie ich auch jeden Patienten, der lebenserhaltende oder lebensverlängernde Therapien beenden will, begleiten kann.“

Hilfe beim Sterben, nicht Hilfe zum Sterben

Und der Göttinger Ethikexperte Simon sagt, die ärztliche Betreuung beim Sterbefasten beschränke sich auf menschliche Zuwendung und das Lindern von Schmerzen, Atemnot und Mundtrockenheit. Hilfe beim Sterben also, nicht Hilfe zum Sterben.

Zu dieser Basisversorgung sei jeder Arzt gemäß den Grundsätzen der Bundesärztekammer sogar verpflichtet, meint Simon. Er hat allerdings Verständnis dafür, dass einige Ärzte das anders sehen. Wer moralische Bedenken gegenüber dem Sterbefasten habe, solle einen Kollegen bitten, die Begleitung zu übernehmen, rät der Medizinethiker.

Umstritten ist auch, wie das Sterbefasten verläuft – relativ leicht erträglich oder schwer. Wie schnell der Tod eintritt, hängt am Ende vom individuellen Gesundheitszustand ab und auch davon, wie radikal auf Flüssigkeit verzichtet wird, also ob die Aufnahme abrupt oder erst nach und nach auf nahezu Null reduziert wird. Nach einer Untersuchung aus den Niederlanden unter 97 Sterbefastenden starb die Mehrheit (70 Prozent) innerhalb von 16 Tagen.

Simon ist überzeugt, dass der Tod durch Sterbefasten nicht qualvoll ist. Die meisten Augenzeugen würden ihn als überwiegend friedlich beschreiben. Er komme dem Bild eines natürlich Sterbenden sehr nahe. Das deckt sich mit dem, was Peter Auer über seine Schwester berichtet. „Sie war froh, dass sie jetzt sterben durfte. Ich hatte den Eindruck: Sie zerfällt.“ Nach sieben Tagen war Marlies B. tot.

Kommentar von Christiane zur Nieden:

Egal wie man „Sterbefasten“ nennt, entweder FVNF (Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit) oder ganz neu: FVET (Freier Verzicht auf Essen und Trinken), in der Bevölkerung ist eine zunehmende positive Resonanz bei diesem Thema zu spüren. Das zeigt sich in vielen Zuschriften und auch in Fallbeschreibungen von Sterbefasten in jüngster Zeit, wo Menschen ihre Angehörigen in dieser schwierigen Lebenssituation „erfolgreich“ begleitet haben.

Auch in medizinischen Fachzeitschriften und in der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin findet sich zunehmend eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Thema: „Selbstbestimmtes Lebensende“ unter dem Aspektes des Verzichtes auf Nahrung und Flüssigkeit.

Ich habe zusammen mit meinem Mann Christoph im letzten Jahr auf gut besuchten Vorträgen in ganz Deutschland mein Buch vorgestellt. Dabei zeigte sich eine sehr positive Resonanz und Zustimmung im Publikum und bei den anschließenden Diskussionen. Auch über meine Homepage: sterbefasten.com erreichten mich viele Anfragen. So hat sich gezeigt, wie unabdingbar es ist, bei dem Thema „Sterbefasten“ den Begleiter umfassend beraten zu können.

Es ist so wichtig, begleitenden Menschen hierfür Mut zu machen und das Thema „selbstbestimmtes Sterben“ breiten Bevölkerungsschichten nahe zu bringen. Ein Grundrecht, welches jedem Bürger in diesem Staat per Grundgesetz zugesichert ist! Es besteht weiterhin die Hoffnung, dass das Bundesverfassungsgericht in diesem Jahr zu einer zufriedenstellenden Entscheidung zum Thema § 217 und der Problematik Selbstbestimmung auch im Hinblick auf Sterbefasten kommt.

Liebe Freundinnen und Freunde, wir bekommen jetzt endlich eine neue Regierung! Eine gute Gelegenheit, dem neuen Gesundheitsminister auf die Pelle zu rücken. Lassen wir nicht locker, ein entsprechendes Gesetz muss her! Noch ist die V-Partei³ die einzige, die dieses Tabuthema in ihr Programm aufgenommen hat!

Und jetzt wird erst mal gelebt! Mark Twain sagt’s doch:

Gib jedem Tag die Chance, der schönste Deines Lebens zu werden!

Eure Barbara

 

Update 14.11.2017

Vom 27. bis zum 29 Oktober dieses Jahres fand in der Evangelischen Akademie in Tutzing ein Symposium zum Thema „Sterbefasten“ statt, was so viel bedeutet wie „Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit am Lebensende“. Trotz des etwas makabren Titels „Hungern bis der Tod kommt?“ war das Interesse an diesem Thema so groß, dass der Seminarleiter, ein Pfarrer, über 180 engagierte Teilnehmer begrüßen konnte.

Meine Sorge, die ablehnenden Stimmen gerade unter den vielen anwesenden Ärzten würden überwiegen, war absolut unbegründet, das zeigte sich schon im Auftaktreferat des Präsidenten der Bayerischen Ärztekammer „Ärztliche Sterbebegleitung - Rolle, Aufgaben und ethische Grenzen für den Arzt“. Er betonte das Recht auf Selbstbestimmung am Lebensende und skizzierte das Spannungsfeld zwischen der Autonomie des Patienten und der Fürsorgepflicht der Gesellschaft.

Dann ging es um Sterbefasten aus rechtlicher Sicht und damit um das Problem: Was ist Ärzten und Pflegepersonal gesetzlich erlaubt, was nicht? Rechtsanwalt Wolfgang Putz aus München stellte anschaulich das Dilemma des noch geltenden §217 dar (siehe https://dejure.org/gesetze/StGB/217.html ), und erzielte einen Heiterkeitserfolg im Publikum, als er berichtete, dass er dem Bundesverfassungsgericht über das Wochenende in der Akademie Tutzing und die große Teilnehmerresonanz „Meldung erstattet habe“.

Unter den 8 verschiedenen Workshops zum Thema hat mich natürlich besonders der des Ehepaars Christiane und Christoph zur Nieden interessiert. (Autoren des Buches: Sterbefasten, Eine Fallbeschreibung / Mabuse-Verlag)

Die beiden haben Christianes Mutter beim Sterbefasten begleitet.

Wie die meisten von Euch wohl schon wissen, liegt mir das Thema „Sterbefasten“ besonders am Herzen. Meine Petition im Internet „Gestorben wird zuhause – Ja zum begleiteten Sterbefasten! Dafür brauchen wir ein Gesetz!“ hatte innerhalb von 4 Wochen über 30.000 Unterschriften erhalten (jetzt sind wir bei fast 42.000) und verdient es, einer größeren Bevölkerung bekannt gemacht zu werden. Die Möglichkeit, ohne langes Siechtum, wie es von der Natur vorgesehen ist, durch das Beenden von Essen und Trinken verhältnismäßig sanft das Leben zu verlassen, hat nicht nur für mich etwas ungemein Tröstliches.

Bitte macht sie wo Ihr könnt bekannt! In der kommenden Regierung soll das Thema Pflege neu behandelt werden. Bisher ist die V-Partei³ die einzige Partei, die diesen Punkt in ihr Programm aufgenommen hat!

„Wir lieben das Leben“ – Motto der V-Partei³.

Gerade deshalb wollen wir einmal in Würde sterben dürfen.

Ihr fühlt Euch zu jung, um Euch mit dem Thema zu befassen? Dann tut es für Oma und Opa!

Meint Barbara


Update 13.09.2017

Die Wahl rückt näher - zur Erinnerung: Die V-Partei³ ist die einzige, die meine Forderung einer Legalisierung des begleiteten Sterbefastens in ihr Parteiprogramm aufgenommen hat. Bitte richtig wählen - V-Partei³!

Update 07.04.2017

Liebe Freundinnen und Freunde,

nach dem Hype zu Beginn der Petition mit über 30.000 Unterschriften innerhalb einer Woche gab es erst einmal eine Stagnation. Insgesamt kamen wir aber schon auf 41.434 Unterschriften, obwohl die Medien, wie ja eigentlich zu erwarten war, wenn überhaupt nur sehr zögerlich berichteten.

Inzwischen hat sich auf anderer Seite sehr viel getan. Am 30.04.2016 wurde eine neue Partei gegründet, die V-Partei³, die endlich alle die Themen im Programm hat, die ich mir seit Jahrzehnten vergeblich, unter anderem bei Bündnis 90/die Grünen gewünscht hatte. Kurz und gut – obwohl ich nie wieder in eine Partei gehen wollte, bin ich eingetreten, wurde auf dem Landesparteitag am 14.01.2017 in München auf Platz 2 für die anstehende Bundestagswahl gewählt.

Die Partei hat inzwischen fast 1.000 Mitglieder. Am 01. April 2017 fand in Weimar der 1. Bundesparteitag mit 150 Mitgliedern und Delegierten statt. Es herrschte eine unglaubliche Aufbruchsstimmung. Ich konnte meine Petition vorstellen, sie wurde zu 100 % - ohne Gegenstimme! - angenommen und wird nun ins Programm der V-Partei³ integriert. Damit ist die V-Partei³ die erste und damit einzige Partei, die sich des Tabu-Themas Sterbefasten annimmt. Ich bin überglücklich!!!

Ein entsprechender Passus wird nun ins Parteiprogramm eingearbeitet. Wir erhalten dazu noch fachmännische Beratung von Seiten der Experten.

Es ergibt sich hier also die berühmte win-win-Situation, die unserem Anliegen ganz sicher einen neuen Auftrieb geben kann.

Bitte beschäftigt Euch schon mal mit dem Link zur Partei insgesamt. Wir brauchen dringend Unterstützungserklärungen, damit sie im September zur Bundestagswahl antreten kann. www.v-partei.de

Update 16.09.2016

Meine Petition „Ja zum begleiteten Sterbefasten“ hat mich den Sommer über ganz schön auf Trab gehalten. Innerhalb einer Woche gingen über 30.000 Unterschriften von UnterstützerInnen ein! Viele von Ärzten und Pflegepersonal, die sich geradezu überschwenglich für diese „Pioniertat für eine humanere Medizin“ bedankten! Kaum eine/r aber ist bereit, öffentlich namentlich genannt zu werden - wohl aus Angst vor beruflichen/privaten/finanziellen Nachteilen und einem eventuellen Vorwurf, sie ließen Patienten/Vater/Mutter verhungern oder verdursten.

Das zeigt noch einmal deutlich, wie wichtig eine gesetzliche Regelung zu diesem Thema ist.

Für das Sterbefasten an sich brauchen wir natürlich kein Gesetz – jede/r kann aufhören zu essen oder zu trinken, um zu sterben. Wohl aber brauchen wir ein Gesetz, das Ärzten und/oder Pflegepersonal ausdrücklich erlaubt, Sterbefastende wie jeden anderen Sterbenden pflegend zu begleiten – was zur Zeit weder gestattet noch verboten ist. Ein unerträglicher Zustand für alle – den Sterbenden selbst, die Angehörigen, Ärzte und Pflegepersonal.

Wie not – wendig so eine gesetzliche Regelung ist, zeigt auch der Bericht in Monitor vom 08.09.2016. Er schildert, wie gewisse Pflegedienste sogar Patientenverfügungen missachten und Patienten auf geradezu kriminelle Weise gegen ihren Willen am Leben erhalten werden – ein Milliardengeschäft!

http://www1.wdr.de/daserste/monitor/videos/video-monitor-vom--132.html

Für diejenigen, die mehr wissen möchten, sei empfohlen:

Das Buch „Sterbefasten – freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit – eine Fallbeschreibung“ von Christiane zur Nieden und die DVD „Sterbefasten – Freiheit zum Tod“ vom Wuppertaler Medienprojekt.

Das Wissen um die Möglichkeit, sich auf diese Weise vom Leben zu  verabschieden, ist für viele Menschen ein großer Trost! Deshalb, Ihr Lieben, nehmt Euch trotz Sommer und Badefreuden Zeit für die Verbreitung dieser wichtigen Petition. Und nun wünsche ich uns allen erst einmal einen wunderschönen goldenen Herbst. 

Barbara

18.07.2016

Was heißt das überhaupt, Sterbefasten?

Es bedeutet, freiwillig auf Nahrung und Flüssigkeit zu verzichten, um den eigenen Tod herbeizuführen. Diese Möglichkeit des Freitodes wird immer häufiger praktiziert, es fehlt aber eine gesetzliche Regelung. Ärzten und Pflegepersonal muss es erlaubt sein, Schwerstkranke und Sterbende beim Sterbefasten zu begleiten! Symptom lindernde Maßnahmen (Erkennung und Behandlung von Beschwerden) sollten wie bei jedem anderen Sterbeprozess auch beim Sterbefasten sorgfältig und großzügig angewendet wenden, wobei das Sterbefasten natürlich jederzeit abgebrochen werden kann, wenn der Betroffene zu einer anderen Einsicht kommt.

Nach einem Schwächeanfall verbrachte ich zwei Nächte in einem Raum der Intensivstation mit einem 93-jährigen Mann, der einen Schlaganfall erlitten hatte. Er war auf der linken Seite gelähmt, konnte nur röchelnd lallen, unfähig, zu schlucken, wurde über Infusionen ernährt, schien aber zu verstehen, was man ihm sagte. Mit der rechten, nicht gelähmten Hand versuchte er verzweifelt, den „Galgen“ zu erreichen – ein bizarres Wort für den Griff, an dem die Patienten sich hochziehen können. Wenn ihm dies gelang, rüttelte er daran, unverständliche Laute ausstoßend. Bis zu dem Schlaganfall war der Witwer, wie seine Kinder berichteten, körperlich und geistig fit gewesen und hatte sich noch selbst versorgen können.

Ich bin selbst Schlaganfall gefährdet. Seit einem Burnout muss ich deshalb gegen Herzbeschwerden mit Vorhofflimmern ein Blutverdünnungsmittel nehmen. Natürlich habe ich längst eine unbedingt notwendige Patientenverfügung unterschrieben, die eine künstliche Lebensverlängerung verbietet, und mich mit dem Thema Sterbehilfe intensiv beschäftigt, um sie gegebenenfalls einmal selbst in Anspruch nehmen zu können. Wie viele Menschen fürchte ich ein endloses Dahinsiechen an Apparaten und Schläuchen mehr als das Sterben selbst. Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland aber verboten, obwohl sehr viele Menschen sie sich wünschen, statt in die Schweiz fahren, sich vor einen Zug werfen, die Pulsadern aufschneiden, sich erhängen oder von einem Hochhaus springen zu müssen.  

Dabei ist ein würdiges Sterben durchaus möglich – nämlich durch Sterbefasten, eine seit Urdenken in allen Kulturen bekannte Form des Sterbens, heute nahezu vergessen. Hier wird der Sterbeprozess nicht durch lebensverlängernde Maßnahmen qualvoll für den Patienten hinausgezögert, sondern dieser entscheidet, ob und wann er aufhören will zu essen und dann auch  zu trinken, so, wie es die Natur vorgesehen hat, am besten natürlich zuhause in der vertrauten Umgebung unter Angehörigen, begleitet von Arzt beziehungsweise Pflegepersonal. Im Allgemeinen dauert es 6-15 Tage, bis der Patient durch den Tod erlöst wird.

Ich finde den Gedanken, mich auf diese Weise vom Leben verabschieden zu können, ungemein tröstlich, doch die meisten Menschen wissen gar nichts von dieser Möglichkeit. Selbst unter Ärzten herrscht Unklarheit darüber, was erlaubt ist und was nicht - darf der Arzt einen Sterbewilligen beim Sterbefasten begleiten oder darf er das nicht? Die Forderung nach einer gesetzlichen Regelung ist neben den Informationen zum Sterbefasten Zweck dieser Petition, die innerhalb der ersten Woche von über 35.000 Unterstützerinnen unterzeichnet wurde. Besonders viele Ärzte, Pflegepersonal und SterbebegleiterInnen bedankten sich geradezu überschwenglich. Sie trauen sich oft nicht, einen Sterbewilligen beim Sterbefasten, das sie als absolut humane Alternative empfinden, zu begleiten, aus Angst, man könnte ihnen vorwerfen, sie machten sich einer Straftat schuldig, ließen den Patienten verhungern oder verdursten. Deshalb muss endlich Klarheit in diese Situation. 

Durch diese Petition soll das Wissen um die  Möglichkeit des Sterbefastens und die damit verbundene Problematik  einer größeren Öffentlichkeit bekannt gemacht werden. Dafür bitten wir Politiker wie Medien um Unterstützung.  

Liebe Mitmenschen, auch wenn es Euch heute noch gut geht und Ihr vielleicht meint, Gedanken an Sterben und Tod verdrängen zu können: Wir sollten uns mit ihnen vertraut machen – ich hoffe, Ihr stimmt mir zu und unterstützt diese Petition.

Gestorben wird zuhause – Ja zum begleiteten Sterbefasten! 

Barbara Rütting
ehemalige Abgeordnete des Bayerischen Landtags

 

Petition geschlossen.

Diese Petition hat 42.346 Unterschriften erreicht

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Entscheidungsträger*innen

  • Katarina BarleyJustizministerin der Bundesrepublik Deutschland
  • Bundesregierung